„Aus einer Stimmung, einem Gefühl heraus beginne ich zu malen: Ich greife zu Farben und Stiften und überlege, was mir gut tut, welche Farben und Formen kommen.“ Wer die farbenfrohen Bilder von Regina Pillgrab betrachtet, taucht ein in eine Welt voll Phantasie. Der Malprozess sei fast meditativ, sagt sie, die Linien entstehen wie von selbst und werden mit Farben gefüllt. Ihre Bilder sind bunt, voll Energie, Leichtigkeit und Zuversicht. Man kann sie stundenlang betrachten und wird immer wieder etwas Neues entdecken.
„Auf diese spezielle Art zu malen habe ich in einer persönlichen Krise begonnen“, sagt die Künstlerin, die seit acht Jahren das Atelier „Vogerlfrei“ betreibt. Malen sei eine wunderbare Art, sich auszudrücken: „Im Kreativsein kann man sich von Zwängen befreien. Und man lernt, sein eigenes Vogerl anzunehmen und zu lieben.“
Grafik, Malerei und soziales Engagement
Regina hat vieles ausprobiert, bevor sie sich dazu entschloss, ihr Atelier zu eröffnen: 15 Jahre in vielen verschiedenen Firmen als Grafikerin, dann eine dreijährige Ausbildung in Mal- und Gestaltungstherapie in Wien, den Lehrgang „Atelier für Kinder und Jugendliche“ an der Kunstuniversität in Linz.
Die Arbeit im sozialen Bereich habe ihr immer gefallen. Ehrenamtlich hat sie Maltherapiestunden für Psychiatrie-Patienten an der Landesnervenklinik Wagner Jauregg gehalten: „Das war nicht immer ganz einfach, weil Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern und Problemen in einer Gruppe beisammen waren und jede Woche wechselten. Ich wusste im Vorhinein nicht, wer kommt. So war es meine Aufgabe, in relativ kurzer Zeit für die Menschen ein sinnvolles Angebot zu machen“, sagt Regina. „Besonders gefreut hat es mich, wenn die Teilnehmer am Schluss gelacht haben.”
„Anstrengend, aber eine schöne Aufgabe“
Fasziniert habe sie auch die Arbeit bei Pro Mente, wo sie jugendlichen Burschen mit psychischen Beeinträchtigungen dabei half, den Tag sinnvoll zu gestalten. Jene, die es nicht schafften, sich am Arbeitsmarkt zurechtzufinden, waren tagsüber bei Regina in der CopyBox, wo kleine grafische Arbeiten und Kopieraufträge oder Ähnliches übernommen wurden. Wenn sie von der Arbeit mit psychisch Kranken erzählt, dann mit tiefer Wertschätzung und Respekt. „Sie schaffen es halt nicht, sich in diesem System zurechtzufinden. Dass das so viele noch können, finde ich ohnehin erstaunlich“, sagt sie. Meist sei es ihr gelungen, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Manchmal haben sich ihre Schützlinge ihr gegenüber geöffnet und ihr Dinge erzählt, über die sie mit ihren Therapeuten nicht gesprochen hätten. „Das war oft anstrengend und fordernd, aber auch eine sehr schöne Aufgabe.“
„Sich wandeln und weitergehen“
Schwierige Arbeitsbedingungen und Überlastung haben sie schließlich dazu bewogen, zu kündigen. Damals war ihr klar: „Ich will keinen Chef mehr!“ Von dieser Entscheidung bis zum eigenen Atelier brauchte es noch einige Zeit: „Zweifel hatte ich keine, aber großen Respekt vor der Selbständigkeit“. Das Gründerprogramm des AMS und verschiedene Angebote des VFQ haben ihr schließlich geholfen, ihre Geschäftsidee zu schärfen. „Es gab immer wieder Phasen des Zweifels, vor allem, wenn es finanziell eng war. Aber ich habe gelernt, mit Geduld an die Sache heranzugehen“. Vor allem die Werbung empfand sie manchmal als anstrengend.
Mittlerweile läuft das Geschäft gut und Regina ist mit ihrem Alltag mit Sohn im Kindergartenalter, Partner, Malkursen und -therapiestunden mehr als ausgelastet. Daneben versucht sie, für sich selbst und ihre Kreativität Raum zu schaffen. Im heurigen Jahr, wo so vieles anders war, hat sie flexibel auf die Herausforderungen reagiert und sich neue Angebote überlegt: Individuelle Kraftbilder zum Beispiel, die man während des ersten Lockdowns bei ihr bestellten konnte. Oder eine kleine Überraschung für Menschen, denen man eine Freude machen wollte im zweiten Lockdown. „Momentan fügt sich alles sehr gut – ich habe das Gefühl, ich bin dort gelandet, wo ich hinwollte“, strahlt sie. Ziel erreicht? „Solange ich meine Ideen umsetzen kann und Menschen meine Arbeit für sinnvoll erachten und meine Leistung in Anspruch nehmen, bin ich zufrieden. Ein Ziel ist für mich ein Abschluss, das sehe ich hier nicht. Es ist ein immerwährendes sich Wandeln und Anpassen – offen und neugierig weitergehen.“
Das Bild „Meine Wurzeln“ ist derzeit bei Communication S in der Pfarrgasse 1 ausgestellt. Mit der Künstlerin verbindet die Autorin eine Bekanntschaft, die ihren Ursprung vor mehr als 20 Jahren beim ersten OÖ Privatfernsehen „OÖ VISION“ hatte. Dazwischen verloren wir uns aus den Augen und begegneten einander vor ein paar Jahren wieder, was in einer Geschichte für meinen damaligen Blog „Co-li-bri“ Niederschlag fand. Seither treffen wir uns immer wieder einmal, arbeiten hin und wieder für- und miteinander, trinken Kaffee und plaudern. Das ist naheliegend – im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir sind fast Nachbarinnen: Unsere Arbeitsstätten liegen nur fünf Minuten Fußweg auseinander.
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Im Atelier Vogerlfrei bietet Regina Pillgrab Malworkshops für Kinder und Erwachsene und Maltherapie an und malt dort auch selbst ihre Kraftbilder. Der Name des Ateliers ist Programm. Regina: “Wir alle haben unser kleines „Vogerl“. Es als etwas Besonders zu erkennen, das es liebevoll zu hegen und zu pflegen gilt und das auch stolz nach außen präsentiert werden darf, ist mein Ziel, der Fokus auf die Ressourcen, auf das Gute, mein Anspruch.”